In Zeiten der Schnelllebigkeit und Güterfülle ist der Blick auf das scheinbar Selbstverständliche wertvoll und wohltuend. Südafrika lehrt uns das jeden Tag! Der Heutige ist ein ganz besonderer Höhepunkt dieser ohnehin sehr aufregenden Reise. Nach der Marienvesper treffen nun Europäische und Afrikanische Chorkultur endgültig aufeinander. Martin Berger führt uns in die Harry Gwala Highschool im Township Khayelitsha bei Kapstadt. Dort wird es einen Workshop mit dem dortigen Schulchor geben. Kultureller Austausch auf Basis gegenseitiger Wertschätzung ist Ziel dieses Treffens. Es war für unsere, andere Kultur ein Sprung in kaltes, aber nicht tiefes Wasser. Herzlich und großzügig wurden wir von allen aufgenommen! Ergreifende Bedeutung kommt diesem Willkommen-heißen zu, wenn man bedenkt, wie Weiße Farbige zur Zeit der Apartheid mit Füßen getreten haben. Gleichzeitig ist unser Besuch in dieser Township-Highschool und unsere Suche nach einem Austausch auf Augenhöhe eine ebenbürtige Geste. Voller Stolz wird uns vom Schuldirektor eine gewaltige Sammlung von Pokalen und Trophäen präsentiert, die der Schulchor bei zahlreichen Gelegenheiten gewonnen hat. In einem freigeräumten Klassenraum erwartet uns unser Gastgeberchor bereits. Die Stühle wurden uns als Zuschauerplätze aufgestellt, während sich der Chor der Highschool in dem kleinen Raum buchstäblich bis unter die Decke stapelt. Nach einer kurzen Begrüßung aller Beteiligten durch Martin Berger ist es endlich soweit! Der Schulchor legt los und die zahlreichen, jungen Stimmen drücken uns mit ihrem vollen, energiereichen und professionellen Klang beinahe in die Wand - wir werden sofort mitgerissen und kaum einer blieb ruhig auf seinem Stuhl sitzen. Man hört wieviel Freude die Musik den jungen Sängern bereitet! Nachdem wir anschließend das Abendlied und Pula Pula zum Besten gaben, nahmen uns die Schüler und der Chorleiter Mhlalisi Mungeka - im doppelten Sinne - an die Hand und brachten uns auf diese Weise ihre Kultur, ihre Musik nahe. 3 Stücke, dreistimmig ohne Noten mit Choreographie in ca 30 Minuten in einem kleinen Klassenraum während durch die hellhörigen Türen der Lärm der Schulflure dröhnt - und es macht allen einen Riesenspaß! Da denkt man doch über Machbarkeiten und Ansprüche nach. Der Besuch war bezeichnend: der verbundene, dreistimmige Klang zweier Chöre, die staunenden Gesichter aller Beteiligten und das gelebte Gefühl von Einheit in der Vielfalt!
Nach einer kurzen Mittagspause an der Waterfront und einer Ansingprobe mit 26 Leuten in einem 8-Bett-Zimmer in unserem Hotel geht es mit unserem Tourbus zum
Hugo-Lambrechts-Auditorium in Parow bei Kapstadt. Der Konzertsaal hat die beste Akustik des Landes, was uns bei unserer kurzen Ansingprobe sofort eindrucksvoll vor Ohren geführt wird. Unserem
Lucente Chamber Choir kam die große Ehre zuteil, nach den unbeschreiblichen Performances vom Gene Louw Senior Choir und dem Stellenbosch University Chamber Choir auftreten zu dürfen. Unsere
Kollegen haben ordentlich vorgelegt. Jetzt gilt es, dem Druck stand zu halten. Aber der Chor samt Chorleiterin ist angespornt durch die hervorragende Leistung der Vorgänger und musiziert
großartig. Nach dem Konzert heißt es Abschied nehmen von Martin Berger und den meisten seiner Studenten. Einige wollen unser Konzert in Outshoorn besuchen, was uns natürlich sehr freut. Da am
nächsten Morgen um 8 Uhr unser Bus weiterfährt, bleibt zum Feiern nicht viel Zeit, aber wir treffen uns noch zu einem gemütlich Supermarkt-Picknick in der Hotellobby und lassen einen tollen,
erfahrungsreichen Tag ausklingen. Heute haben wir mehrfach erfahren, welche große Wirkung Musik hat. Sie führt uns zusammen, schlägt Brücken und verbindet. Sie erfüllt ungemein! | Ann-Kathrin
& Tobias
Kommentar schreiben